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Automatisierung im Labor

Bei celisca arbeiten Ingenieure, Naturwissenschaftler und Mediziner unter einem Dach, um komplizierte Forschungsarbeit effektiver zu gestalten.

Effiziente und schnelle Entwicklungen sind in der regenerativen Medizin, so wie in allen medizinischen und pharmazeutischen Forschungsrichtungen, ohne eine starke interdisziplinäre Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern, Medizinern und Ingenieuren nicht möglich. Hochdurchsatzfähige Systeme sind erforderlich, um bereits in frühen Forschungsphasen eine starke Selektion potenzieller Wirkstoffe vorzunehmen und so eine Kostenreduktion im Entwicklungsprozess zu erreichen.

Das Center for Life Science Automation (celisca, Rostock) hat sich der interdisziplinären Forschung an der Schnittstelle zwischen Ingenieurwissenschaften und Naturwissenschaften verschrieben. Unter einem gemeinsamen Dach arbeiten Elektrotechniker, Informatiker, Maschinenbauer, Chemiker, Biologen und Mediziner an der Entwicklung nutzer- und anwendungsspezifischer hochautomatisierter Systeme für alle Bereiche der Life Sciences.

Typische Fragestellungen, die in enger Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern um Prof. Arndt Rolfs bearbeitet werden, beinhalten unter anderem die Übertragung manueller Testverfahren auf hoch automatisierte Systeme. Dabei steht die Kombination mehrerer Jobs, die bisher nur getrennt bearbeitet werden konnten: Compound Management, Screening und Analyse, in einem kontinuierlichen Durchlauf im Mittelpunkt des Interesses.

Zentrale Aufgabe vieler celisca-Projekte ist die Integration verschiedener Gerätekomponenten, die teils am Markt verfügbar sind, teils neu entwickelt werden müssen, zu leicht bedienbaren und flexiblen System, die schnell an neue Aufgaben angepasst werden können. Das bedeutet einen erheblichen Aufwand für die mechanische und elektronische Anpassung kommerzieller Systeme sowie deren softwaretechnische Systemintegration. Neuentwicklungen lohnen sich nur bei Geräten, die am Markt nicht  verfügbar sind. Ein Beispiel dafür ist das bei celisca entwickelte automatisierte Zellkultivierungssystem, das wir auf der Biotechnika 2008 vorstellten. Wesentliche Voraussetzung für ein schnelles und effizientes Screening ist die Bereitstellung ausreichender Zellen in definierten Zellzahlen und Qualitäten. Dieser bislang in der Regel manuelle Prozess stellte einen erheblichen Flaschenhals für Hochdurchsatzverfahren in der regenerativen Medizin dar. Mit dem entwickelten System können bis zu vier Zelllinien über mehrere Tage parallel kultiviert, kontrolliert und in definierten Zellzahlen ausgesät werden, die dann direkt in die Screeningsysteme eingebracht werden können.

Der Trend zum Einsatz immer geringerer Zellzahlen pro Experiment stellt hohe Anforderungen an die Dosierung kleinster Volumina im Bereich von wenigen Nano- oder Pikolitern. Deren genaue Kenntnis ist von großer Bedeutung für die Bestimmung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen. Auch hierfür wurde bei celisca eine Lösung entwickelt, die für Nanodosiersysteme die substanzunabhängige Bestimmung der Tropfenvolumina unter Nutzung optischer Verfahren und geeigneter Bildverarbeitungsprozesse ermöglicht.

Aber auch für die synthetisch arbeitenden Chemiker um Prof. Matthias Beller wurden Automationslösungen geschaffen. Ein spezieller Multiparallelreaktor kann bis zu 384 Reaktionen gleichzeitig unter hohen Drücken bis zu 100 bar durchführen und gestattet es somit, wesentlich höhere Zahlen an potenziellen Wirkstoffkandidaten zu produzieren bzw. die optimalen Reaktionsbedingungen für eine gegebene Reaktion zu ermitteln.

Welche Auswirkungen eine zunehmende Automatisierung auf die Beschäftigten in biotechnologischen und medizinischen Bereichen hat, ist eine wichtige weitere Fragestellung, der wir nachgehen. Es werden Verfahren entwickelt, um physische und psychomentale Belastungen und Beanspruchungen von Arbeitnehmern zu ermitteln. Ziel ist die individuelle Risikoeinschätzung jedes einzelnen Menschen. Die Ergebnisse der Belastungs- und Beanspruchungsuntersuchungen fließen direkt in das Design der automatisierten Anlagen, insbesondere der Human-Machine-Interfaces, ein.

Die Forschungsarbeiten bei celisca richten sich unmittelbar an den Bedürfnissen von Nutzern aus Wissenschaft und Wirtschaft aus. Was wir wollen, ist Grundlagen- und angewandte Forschung mit direktem wirtschaftlichen Nutzen. Zu diesem Zweck haben die Wissenschaftler von celisca kürzlich das Hanseatic Institute of Technology gegründet. Als Technologietransfereinrichtung wird es die Entwicklung von Produkten aus den Forschungsergebnissen von celisca übernehmen und stellt eine direkte Schnittstelle zu lokalen, regionalen und internationalen Wirtschaft dar.

Prof. Dr. Kerstin Thurow, Fakultät für Informatik und Elektrotechnik der Universität Rostock, Leiterin des Centers for Life Science Automation