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Ersatz für den Menschen? Das sagt die „Roboterflüsterin“ aus Warnemünde

In der Industrie sind sie allgegenwärtig und auch aus vielen Haushalten sind sie fast nicht mehr wegzudenken: Roboter. Im Warnemünder Center for Life Science Automation befähigt man sie, komplexe Handlungen durchzuführen und somit den Menschen zu entlasten. Heidi Fleischer hat für ihre Arbeit in diesem Bereich nun eine außerplanmäßige Professur erhalten und einen Blick in die Zukunft gewagt.

 

von Moritz Naumann (Ostseezeitung)

 

Warnemünde

Insgesamt zwölf Roboter hantieren und werkeln in der Warnemünder Friedrich-Barnewitz-Straße 8 mit Reagenzgläsern, Pipetten und organischen Lösungen. Was nach Science-Fiction klingt, ist im Rostocker Ostseebad bereits Realität. Das Ziel? Die mechanischen Gehilfen sollen einfache Arbeitsprozesse schneller und zuverlässiger erledigen als der Mensch. 

Vor allem in vielen industriellen Bereichen ist der Einsatz von Robotern Normalität, auch in der Chemie, Pharmazie und Biotechnologie übernehmen sie immer häufiger wichtige Aufgaben. Einen großen Anteil daran haben Forschende wie Heidi Fleischer, die nun aufgrund ihrer außerordentlichen Leistungen eine Professur erhalten hat. 

 

Eine außerplanmäßige Professur

„In meinem Haushalt habe ich bereits das Staubsaugen automatisiert“, sagt Heidi Fleischer und lacht. Diese Arbeit erledigt nämlich ein Roboter, wenn auch nicht immer zu ihrer vollsten Zufriedenheit. „In den Ecken und an Tischbeinen könnte es noch besser sein.“ Das sagt sie nicht nur so dahin, sondern weil es genau solche Herausforderungen sind, denen sie sich täglich stellt. 

Denn sie sorgt dafür, dass Roboter die Fähigkeit erlangen, einfache und für Menschen anscheinend stupide Arbeit, schnell und zuverlässig zu erledigen. Beim Center for Life Science Automation (Celisca) in Warnemünde, eine zentrale Wissenschaftliche Einrichtung der Universität Rostock, arbeitet sie seit 2008 in diesem Bereich. „Und dies macht sie so außerordentlich gut, dass sie eine außerplanmäßige Professur an der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik erhält“, sagt die Leiterin von Celisca, Professorin Kerstin Thurow. 

 

Auf alles eine Antwort

Fleischer war eine der ersten Studentinnen unter Thurow und ist der Professorin schon damals direkt aufgefallen. „Sie hatte einfach auf alles eine Antwort“, sagt Thurow und lacht. Das habe sich auch bis heute nicht geändert. Mittlerweile hat sich die 47-Jährige mit der Professur für Prozessautomation an die zweite Stelle in der Celisca-Hierarchie gearbeitet. 

Aber was passiert derzeit eigentlich in der Softwareschmiede des Warnemünder Technologieparks? „Aktuell versuchen wir die Vitamin-D-Analyse zu beschleunigen. Außerdem arbeiten wir an der Vollautomatisierung beim Nachweis von Drogen im Blut“, sagt Fleischer. Dafür müssen aus den Proben die einzelnen Bestandteile wie Eiweiße, Salze und Co. voneinander getrennt werden. „Diese Teilschritte einem Roboter beizubringen ist sehr aufwendig. Wir wollen es ermöglichen, dass Menschen nur noch in Ausnahmefällen eingreifen müssen.“ 

 

Zuverlässige Roboter

Wenn Studenten und Mitarbeiter diesen Job übernehmen, sei es realistisch etwa 300 bis 400 Proben am Tag zu analysieren. „Durch die Automatisierung wollen wir jedoch 1000 Proben pro Tag schaffen.“ Roboter werden nicht müde, leiden nicht unter Leistungsschwankungen oder werden krank – dies sei der große Vorteil in Arbeitsfeldern, die auf der ständigen Wiederholung von Handlungen basieren. In einer Vielzahl von Forschungsprogrammen kooperiert Heidi Fleischer mit Forschern und industriellen Partnern aus aller Welt.

 

Celisca in Warnemünde

Das Center for Life Science Automation (Celisca) in Warnemünde ist ein Kompetenzzentrum der Universität Rostock, das als Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft agiert. Ingenieure und Naturwissenschaftler suchen hier gemeinsam nach Lösungen für aktuelle und zukünftige Problemstellungen – vor allem im Bereich der biotechnologischen und pharmazeutischen Automation. Dabei dient es sowohl für Forschung als auch für Lehre: Aktuell sind hier zehn Studenten und zwei Doktoranten beschäftigt. Es wurde 2003 vom Lehrstuhl für Automatisierungstechnik gegründet.

Ob Fleischer mit ihrem breitem Erfahrungsschatz glaubt, dass humanoide Roboter zukünftig nicht nur in der Industrie, sondern häufiger auch in den Haushalten zu sehen sein werden; ob sie glaubt, dass sie den Menschen vielleicht gar überholen können? „Sie werden in den nächsten Jahrzehnten vermehrt auch in den Haushalten zu sehen sein, ihm einfache Aufgaben abnehmen, aber sie werden den Menschen nicht überholen“, sagt die Forscherin und lacht. 

 

Humanoid für die Akzeptanz

Das gelte auch für Yaskawa, dem humanoiden und etwa 150 000 Euro teuren Roboter im Labor von Celisca. Er hat nicht nur zwei Arme, mit denen er Reagenzgläser und Pipetten hantiert, sondern lächelt auch noch überaus freundlich. „Die Augen haben meine Kinder aufgeklebt, Augenbrauen und Lächeln haben wir aufgemalt“, sagt Thurow. Warum die elektrischen Arbeitskräfte so vermenschlicht werden? „Gerade im medizinischen und im sozialen Bereich ist erwiesen, dass es die Akzeptanz fördert“, sagt Fleischer.